Rechtsextremismus in der Familie
Rechtsextremismus in der Familie
Eltern sind nicht selten beschämt darüber, dass ihr Kind den Weg in die rechtsextreme Szene sucht oder gar gefunden hat. Sie machen sich oft Selbstvorwürfe. Die Beratung von Eltern ist geprägt von Ambivalenzen im Beziehungsgeflecht der Familie: Das Entsetzen und die Wut über das Verhalten ihres Kindes werden begleitet von der Angst, das eigene Kind zu verlieren. Die Folgen sind große Handlungsunsicherheiten, unter denen nicht selten auch die weitere Familie sowie auch die Beziehung der Ehe- oder Lebenspartner zueinander leiden kann.
Trotz ernstzunehmender familiärer Risikofaktoren gibt es vielfältige gesellschaftliche Einflussfaktoren, die zur Entstehung rechtsextremer Einstellungen beitragen. In der öffentlichen Wahrnehmung jedoch können die Eltern im Verdacht stehen, Schuld zu sein an der rechtsextremen Haltung ihres Kindes. Eltern stellen sich durchaus die Frage nach ihrer Mitverantwortung. Die Sorge vor Schuldzuweisungen durch Nachbar/innen oder Lehrer/innen sowie das fehlende Wissen um adäquate Hilfsangebote lässt die Eltern oft allein zurück bei ihrer Suche nach Hilfe.
Dabei sind Eltern in solchen Konfliktlagen beratungsbedürftige und potenziell ausstiegsfördernde Bezugspersonen. Angebote wie die Elternberatung der „Roten Linie – Hilfen zum Ausstieg vor dem Einstieg“ in Hessen oder „Lichtblicke“ in Brandenburg begleiten und unterstützen Eltern in dem Prozess der Orientierungssuche für sich und ihre Kinder.
Methoden
1. ANSÄTZE DER BERATUNG
Eltern oder Alleinerziehende suchen oftmals Orientierung und Rat, um die Verhaltensänderungen des Kindes - seinen Kleidungsstil, seine Musik, die neue Clique - richtig einschätzen zu können. Der geschützte und anonyme Raum der Beratung ermöglicht es Eltern, Ängste und Konflikte anzusprechen, die aus Scham bislang nicht thematisiert werden konnten. Was reizt das Kind an der jeweiligen Szene? Die Antwort auf die Frage kann Aufschlüsse darüber geben, welche Alternativen dem Kind angeboten werden können. Denn häufig geht die rechte Orientierung des Kindes einher mit weiteren Problemen im Umfeld des Jugendlichen und/oder der Familie. Elternberatung ist daher oftmals psycho-soziale Beratung. Was heißt es, „klare Grenzen aufzuzeigen“? Wie kann der „Draht“ zum eigenen Kind gehalten werden, um die Beziehung zu erhalten, einen Ausstieg aus der Szene zu ermöglichen oder damit umzugehen, dass es jegliche Hilfe oder gar Kontakt ablehnt?
Bei aller Sorge um das Kind, hat die Beratung die gesamte Familie im Blick: Die Situation der Geschwister ebenso wie die Stabilisierung der Beziehung der Eltern oder Lebenspartner zueinander und nicht zuletzt auch der Umgang mit sich selbst. Eltern sind mit ihren Problemen nicht alleine: Eine Elterngruppe kann helfen, Rat und Unterstützung bei Menschen in einer ähnlichen Situation zu finden.
2. ANLAUFSTELLEN FÜR BETROFFENE ELTERN:
- Rote Linie – Hilfen zum Ausstieg vor dem Einstieg
- Projekt ElternStärken - Beratung, Vernetzung, Fortbildung zum Thema Familie & Rechtsextremismus
3. weitere Ausstellung und Materialien
Ausstellung "Mein Kind ist rechts – was kann ich tun?"
Die Inhalte der Ausstellung basieren auf den langjährigen Erfahrungen in der Arbeit mit Eltern rechtsextrem orientierter Kinder des Projekts „ElternStärken“. Die fünfteilige Rollup-Ausstellung kann kostenlos ausgeliehen werden (es entstehen ggf. Versandkosten). Darüber hinaus besteht das Angebot des Trägers, ausstellungsbegleitende Angebote zu organisieren.
Inhaltsblöcke der Ausstellung:
- Einführung: Mein Kind ist rechts – was kann ich tun?
- Woran erkennen Eltern eine rechtsextreme Orientierung ihres Kindes und was steckt dahinter?
- Einstiegsmotive – Was macht Rechtsextremismus für Mädchen und Jungen attraktiv?
- Rechtsextreme Jugendkultur – Informationen über Musik, Kleidung und Symbolik
- Orientierungshilfen und Handlungsoptionen für Eltern
Mehr Infos unter http://www.elternstärken.de/
Infos & Literatur
1. Literatur
- Eltern gegen Rechts (Hrsg.): Eltern gegen Rechts! Die Berliner Elterninitiative. Erfahrungen einer Selbsthilfegruppe von Eltern rechtsextrem orientierter Söhne und Töchter. Berlin, 2011 http://www.licht-blicke.org/elternstaerken2/wp-content/uploads/2013/d_load/Elterninitiative_Bro.pdf
- Kulturbüro Sachsen (Hrsg.): Elternarbeit im Spannungsfeld Rechtsextremismus. Erfahrungen und Perspektiven. Dresden, 2010 http://www.migration-online.de/data/recall_elternarbeit_im_spammungsfeld_rex_2010_1.pdf
- LICHT-BLICKE Projekt ElternStärken (Hrsg.): ElternStärken – Bertung, Vernetzung, Fortbildung zum Thema Familie & Rechtsextremismus. Berlin, 2010 http://www.elternstärken.de/
- Niebling, Torsten (2013): Beratung von Eltern im Kontext Rechtsextremismus: Themen, Verläufe, Chancen und Grenzen. In: Becker, Reiner; Palloks, Kerstin (Hrsg.): Jugend an der roten Linie. Analysen von und Erfahrungen mit Interventionsansätzen zur Rechtsextremismusprävention. Schwalbach,Ts..